Am Wochenende fand, wie alle Jahre wieder, der größte und spannendste komplementär-medizinsche und naturheilkundliche Kongress in Europa, die ,,Medizinische Woche“ in Baden-Baden statt. Insgesamt wurde etwa 200 Vorträge gehalten. Exemplarisch berichte ich Euch heute über eine der vielen interessanten Vortragsreihen und zwar über den NATUM-Tag . NATUM steht dabei für die Arbeitsgemeinschaft für Naturheilkunde, Akupunktur, Umwelt- und Komplementärmedizin in der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe.
Dieser wurde von Dr. Bernhard Ost (Düsseldorf, erster Vorsitzende der NATUM ) vor gut gefüllten Reihen eröffnet. Das Publikum erwartete eine hochkarätig besetzte Vortragsreihe und die Verleihung des Forschungspreises Komplementärmedizin 2018 an Professor Dr. Andreas Michalsen und seinem Team für die Arbeit über ,,Effekte von Kurzfasten auf die Lebensqualität und Verträglichkeit einer Chemotherapie bei Patientinnen mit Brust- und Ovarialkarzinom“.
Jodmangel und Brustgesundheit mit praxisrelevanten Tipps von Professor Ingrid Gerhard (Heidelberg)
Unter dem Vorsitz von Dr. Bernhard Ost stellte im Anschluss Prof. Dr. Ingrid Gerhard aus Heidelberg im ersten Vortrag neue praxisrelevante Daten über den Zusammenhang von Jod und Brustgesundheit vor.
Enger Zusammenhang zwischen Brust- und Schilddrüsenkrebs entdeckt
Zwischen der Schilddrüse und der Gesundheit der Brust bzw. deren malignen Entartung bestünde ein enger Zusammenhang. So sei das Risiko an einem Mammakarzinom zu erkranken, um 21-89% erhöht, wenn vorher an einem Schilddrüsenkarzinom bestanden hätte. Umgekehrt bestehe ein Risiko ähnlichen Ausmaßes (31-73%), dass sich ein Schilddrüsenkarzinom nach einem Mammakarzinom entwickele.
Weit verbreiteter Jodmangel und mangelnde Substitution
Dabei wies sie darauf hin, wie weit verbreitet ein Jodmangel sei. So würden in Großbritannien 75 % der Schulmädchen und 65% der Frauen unter einer Mangelversorgung leiden. Zur Substitution würde jedoch Jod aus dem Salzstreuer keinesfalls ausreichen, zudem könne der Organismus nur anorganisches molekulares Jod direkt weiterverarbeiten, wobei sie zur Substitution in Zuchtfarmen hergestellte Algentabletten favorisierte.
Test auf Jodmangel
Um einen Jodmangel zu verifizieren, schlug sie einen Test mit 1% anorganischer Lugol´schen Lösung vor, welches man auf die Haut auftrage solle. Würde die braune Farbe bereits innerhalb 3-4 Stunden verschwinden, läge ein Jodmangel vor. Zudem empfahl sie zur Behandlung von Mastopathien (Brustspannen) Braun-Algenstreifen, die man bei Beschwerden auf die Haut auflegen solle.
Alternative Behandlung des Lichen sclerosus (entzündliche Hauterkrankung der Vulva)
Im Anschluss folgte ein Vortrag von Dr. Christa Goecke, niedergelassene Frauenärztin aus Bremen, über die alternative Behandlung des Lichen sclerosus. Bei Patienten, die eine Kortison Behandlung, wie in den S3- Leitlinien empfohlen, ablehnten, würde sie stattdessen mit einer Mischung aus Sandelholz-, Mandel- und Lavendelöl lokal behandeln.
Behandlung mit einer Öl-Mischung, einem Fitness-Trank UND Vitamin D Substitution
Dabei zeigte sie eindrucksvolle Vorher-Nachher-Bilder. Außerdem wies sie darauf hin, dass in der Nahrung oft der Omega-3 Anteil zu gering sei. Zur Konstitutionsstärkung empfahl sie daher einen speziellen Trank mit einem hohen Anteil an Omega3-Fettsäuren (1Glas Traubensaft mit 1/2 Tl. Curcuma und 3 Eßl. Leinöl) täglich zu genießen. Zu der oft notwendigen Vitamin D Substitution bei Mangel merkte die Ärztin an, dass sie täglich niedere Dosen bevorzuge, damit unphysiologische Spitzenwerte, wie bei der üblichen Gabe von wöchentlich 20000 IE, vermieden würden.
Integrative Schmerztherapie
Nach einer kurzen Pause ging es, unter dem Vorsitz von Dr. Agnes Wagner, mit einen Beitrag über ,,Integrative Schmerztherapie“ von Dr. Eva-Marie Braun von der Universitätsklinik Homburg/Saar weiter, wobei diese zusammen mit einer Psychologin und einem Anästhesisten eine integrative komplementäre Schmerzsprechstunde anbietet.
Schriftliche Verlaufskontrollen und die Mit-Einbeziehung der Patienten sind für den Erfolg ausschlaggebend
Dabei wird mit einem Schmerzfragebogen gearbeitet, der den Patienten vor jeder Behandlung vorgelegt würde. Dadurch wisse der Arzt sofort, wo die aktuelle Hauptdomäne des Schmerzes (z.B. Angst, Depressionen, Erschöpfung und Schlafstörungen) lokalisiert sei. Aber auch geeignete Behandlungen nach den Neigungen der Patienten und die Zusammenarbeit mit lokalen Anbietern wurden angesprochen. Als Hautempfehlung gab Dr. Braun dem Auditorium mit, das man als Schmerzarzt seinen Patienten glauben solle, denn nur so könne man sein Vertrauen gewinnen und ihm wirklich helfen.
Neue Entwicklungen von Methadon als Schmerzmedikament
Im Anschluss stellte Dr. Steffen Wagner, Gynäko-Onkologe aus Saarbrücken, die neuesten Forschungsdaten über das ursprüngliche bei Schmerzen eingesetzte Methadon im Kampf gegen maligne Erkrankungen vor. Bereits im Vorjahr war Dr. Claudia Friesen, die entdeckt hatte, dass Methadon auch gegen die Tumorzellen wirken kann, für ihre Verdienste mit dem Forschungspreis der NATUM ausgezeichnet worden. Mittlerweile war sie dabei, Fälle zu sammeln, bei denen es unter Einsatz von Methadon, welches vor allem in Kombination mit der Chemotherapie verbessernd wirken kann, zu einem erfolgreichen Verlauf von Krebserkrankungen gekommen war.
Mittlerweile 400 Fälle dokumentiert
Etwa 400 solcher Fälle seien bis jetzt dokumentiert, allerdings fehle es an Studien. Eine Studie sei von Prof. Hübner durchgeführt worden, allerdings habe er Zellen ohne M-Rezeptoren benutzt, die aber an der Tumorzelle vorhanden seien und für die Wirkungsweise von Methadon Voraussetzung wären. Ansonsten war es ihr gelungen, eine Petition an den Bundestag zur Erlangung von Fördergeldern für Studien zu stellen. Die Anhörung, bei der die Sympathien der Parteien für Dr. Friesen zum Ausdruck gekommen sind, hat übrigens am 5. November stattgefunden.
Fluch und Segen der Medien für die Medizin
Nach der Mittagspause, mit Möglichkeit des Besuches der Industrieausstellung, ging es unter dem Vorsitz von Dr. Steffen Wagner mit einem Vortrag vom Dr. Bernhard Ost weiter. Dieser referierte über Nutzen, Risiken und ernsthaften Gefahren der Medien in Bezug auf die Verbreitung von Therapien und Heilsversprechen. Am Beispiel von vier Persönlichkeiten zeigte er, wie einfach millionenschwere ,,Propheten“ (Dr. Ryke Geerd Hamer, Adrian Jones, Jim Humble und Dr. Benjamin Coldwell) wissenschaftlich keinesfalls bewiesene Therapie an schwerkranke und hilfesuchende Menschen verkaufen können und woran man sie erkennt. Insbesondere auch durch das Internet bestünde die Gefahr einer oft unreflektierten Ästimieren und raschen Verbreitung solcher Lehren. Als Fazit nannte er die Notwendigkeit, Patienten darüber aufzuklären.
Entwicklung der NATUM in 25 Jahren
Als vorletzten Punkt zeigte Dr. Bernhard Ost, welche Entwicklung die NATUM in 25 Jahren gemacht hat, angefangen von der Gründung durch Prof. Ingrid Gerhard bis hin zu einer etablierten, anerkannten Organisation, die mit Optimismus in die Zukunft blickt.
Verleihung des Forschungspreises Komplementärmedizin 2018
Als Höhepunkt des Tages wurde nun der Forschungspreis Komplementärmedizin 2018 an Herrn Professor Dr. med. Andreas Michalsen und sein Team verliehen. Stellvertretend war Stephan Bauersfeld (Abteilung Naturheilkunde, Immanuel-Krankenhaus Berlin) nach Baden-Baden gekommen, um über die ,,Effekte von Kurzfasten auf die Lebensqualität und Verträglichkeit einer Chemotherapie bei Patientinnen mit Brust- und Ovarialkarzinom“ zu berichten und den Wissenschaftspreis stellvertretend für seine Abteilung entgegenzunehmen. Die Laudatio wurde von Dr. Steffen Wagner gehalten, danach stellte Stefan Bauersfeld seine Forschungsergebnisse vor, wobei sich in präklinschen Studien ein besserer Outcome des Chemotherapie Managements bei Fastenperioden vor und während der Therapien zeigte. Bedenken bezüglich der Compliance konnten in dieser ersten präklinischen Phase tatsächlich zerstreut werden, da sich die Patientinnen schnell an das Fasten gewöhnten und sich sogar wohler als die in der Kontrollgruppe fühlten.
Ausklang …
Zum Ausklang der Vortragsreihe konnten Referenten und Gäste es bei Apéro und Häppchen noch einmal in anregenden Gesprächen über neugewonnene Erkenntnisse reflektieren.

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